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Nachhaltigkeitsklassifizierung von Fonds vor dem Umbruch 

EU plant Reform der Offenlegungsverordnung

 

Die bisher bekannten Artikel-6-, -8- und -9-Fonds haben sich in den vergangenen Jahren zu Nachhaltigkeitslabels entwickelt. Doch das könnte sich bald ändern: Die EU bereitet eine umfassende Reform der Offenlegungsverordnung vor. Ein zentrales Element der Reform ist die Einführung einer neuen Fondskategorie für Investitionen in Wirtschaftsbereiche, die derzeit noch als wenig umweltfreundlich gelten („braun“), aber sich nachweislich auf dem Weg hin zu nachhaltigem Wirtschaften („grün“) befinden. Welche konkreten Pläne diskutiert werden und wie künftige Fondsklassen aussehen könnten, beleuchtet dieser Beitrag. 

Die Offenlegungsverordnung – Fundament der ESG-Regulierung

 

Die Offenlegungsverordnung bildet einen Grundpfeiler der europäischen ESG-Regulierung. Sie legt fest, welche Informationen Fondsanbieter zur Nachhaltigkeit ihrer Produkte offenlegen müssen. Die aktuell etablierten Kategorien – Artikel 6, 8 und 9 – haben sich dabei gewissermaßen zu einem marktweiten Nachhaltigkeits-Rating entwickelt. Das lag weniger an der ursprünglichen Intention der Verordnung als vielmehr an der fehlenden Alternative zur einheitlichen Bewertung nachhaltiger Investments. Seit ihrer Einführung gibt es jedoch immer wieder Kritik, da die Kategorisierung ursprünglich nicht als Qualitätssiegel für Nachhaltigkeit gedacht war.

Ein weiterer Kritikpunkt: Die bestehende Systematik hat dazu geführt, dass Kapital vor allem in bereits grüne Anlagen geflossen ist. Transformationsprojekte – etwa in der Immobilienwirtschaft – blieben dabei weitgehend außen vor. Dabei wäre gerade die gezielte Finanzierung solcher Übergangsprojekte entscheidend, um ganze Branchen nachhaltiger aufzustellen. Eine neue Fondskategorie könnte genau hier ansetzen und für dringend benötigte Investitionen sorgen. 

Reformüberlegungen der EU: Neue Fondsklassen im Fokus

 

Angesichts dieser Herausforderungen wird nun über eine grundlegende Überarbeitung der Verordnung diskutiert. Bereits Ende 2023 leitete die EU-Kommission eine öffentliche Konsultation ein, mit dem Ziel, die Offenlegungsverordnung praxisnäher und klarer zu gestalten. Die sogenannte EU-Plattform für nachhaltige Finanzen – ein Beratungsgremium der Kommission – wurde mit der Erarbeitung konkreter Reformvorschläge betraut. Ende 2024 veröffentlichte die Plattform ihren ersten Bericht.

Kern des Reformvorschlags ist die Einführung eines neuen, dreigliedrigen Klassifikationssystems:

  • Sustainable: Diese Kategorie umfasst Fonds, die in nachweislich grüne, taxonomiekonforme Aktivitäten investieren. Sie entspricht am ehesten dem bisherigen Artikel-9-Label.
  • Transition: Neu ist diese Kategorie für Fonds, die in Unternehmen oder Projekte investieren, die sich nachweislich auf einem glaubwürdigen Transformationspfad von „braun“ zu „grün“ befinden. Voraussetzungen sind transparente Übergangsziele und ein überprüfbarer Plan zur Umsetzung. 
  • ESG-Collection: Diese Klasse dient als Auffangbecken für Strategien, die sich nicht eindeutig den beiden vorgenannten Kategorien zuordnen lassen, jedoch ESG-Kriterien glaubwürdig integrieren. Sie soll auch Raum für schwer einzuordnende Produkte wie Dachfonds oder Multi-Asset-Strategien bieten. 


    ➔ Für jede dieser Kategorien sollen künftig verbindliche Mindeststandards gelten.

 

Eine Reform des Klassifizierungssystems ist längst überfällig

 

Die Praxis hat gezeigt, dass das bestehende Modell – insbesondere Artikel 9 – mit der Realität vieler Produkte kollidiert. So sind etwa Immobilienfonds unter dieser Kategorie kaum vertreten, obwohl gerade in diesem Bereich ein enormes Transformationspotenzial liegt. Der wahre Hebel liegt nicht im grünen Neubau, sondern in der nachhaltigen Sanierung des Bestands.

Mit einer schnellen Umsetzung ist allerdings nicht zu rechnen. Der offizielle Reformvorschlag der EU-Kommission wird für das zweite Halbjahr 2025 erwartet. Bis die neuen Regelungen tatsächlich in der Praxis ankommen, dürfte es erfahrungsgemäß noch rund drei Jahre dauern. 

 

Porträt Christian Eder Porträt Peter Lenz

Christian Eder & Peter Lenz

 

14.05.2025